Der neue Grundsatzprogramm-Entwurf ist da

Und hier kommt das neue Kapitel (ab S. 29), dass u.a. auch das Zusammenleben von Alt und Jung betrifft:

Stadt und Land, Jung und Alt

  1. (185)  Die regionale Vielfalt, die verschiedenen histo- rischen Erfahrungen und unterschiedlichen Le- bensstile der Menschen machen Deutschland aus. Auch die historische Spaltung in Ost und West durch den Kalten Krieg sowie die Ver- werfungen nach der Wiedervereinigung haben Deutschland geprägt. Unterschiede anzuerken- nen, zu schützen und zugleich den sozialen Zusammenhalt zu stärken ist unsere Ver- pflichtung. Es ist Verantwortung des Staates, die Lebensbedingungen in sich ökonomisch und strukturell unterschiedlich entwickelnden Regionen im gesamten Bundesgebiet und auf allen Ebenen anzugleichen – etwa im Verhält- nis von ländlichen Gegenden zu Städten, vom Norden zum Süden, von Ost nach West, von schrumpfenden zu wachsenden Regionen.
  2. (186)  Die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse
    ist als normative Aufgabe wichtig, aber immer schwieriger zu definieren. Während in struk- turschwachen Regionen oftmals staatliche Institutionen fehlen, sind die Mieten dort meist günstiger. Die Sicherung von gleichwertigen

(184) Eine offene Gesellschaft ist eine der Ge- schlechtervielfalt, in der alle Menschen ohne Angst verschieden sein können. Freiheit und Würde bedeuten, sich einem Geschlecht zuordnen zu können oder auch nicht. Und

es bedeutet, die eigene sexuelle Identität selbstbestimmt zu finden. Freiheit und Würde bedeuten auch, gemäß der eigenen sexuellen Orientierung die Lebensform, die Partnerschaft und das Familienmodell selbst zu wählen

und dafür jeweils die gleichen Rechte und
den gleichen Schutz vom Staat zu erhalten. Antiqueere, homo-, bi- und transfeindliche Ressentiments und Diskriminierung sowie An- griffe auf lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, inter*, nicht-binäre und queere Menschen sind menschenrechtliche Verstöße und müssen von der gesamten Gesellschaft klar zurückgewie- sen werden.

Lebensverhältnissen wird nicht durch das glei- che Angebot wie in den Metropolen zu errei- chen sein, wohl aber durch die Schaffung vonVoraussetzungen für kreative, flexible und di- gitale Lösungen. Es geht um eine neue Politik des Ausgleichs zwischen ländlichen Räumen und Städten. Dazu dient eine neue Gemein- schaftsaufgabe „Regionale Daseinsvorsorge“.

(187) Gute und sichere öffentliche Räume und Insti- tutionen sind Voraussetzungen dafür, dass die Gesellschaft zusammenhält. Damit Sicherheit und Gemeinsamkeit möglich werden, garan- tiert der Staat gute Versorgung, Anbindung von ländlichen Regionen und Orte der Begegnung. Zur Daseinsvorsorge gehören etwa Breitband- anschlüsse und Mobilfunkversorgung, Frauen- häuser, Ärzt*innen sowie Krankenhäuser, Kitas, Jugendhäuser, Musikschulen und Bibliotheken, auch in den ländlichen Regionen, Sportplät-

ze und Schwimmbäder in Stadt und Land. So helfen öffentliche Räume und Institutionen, Freiheit und Selbstbestimmung zu ermög- lichen, Chancengleichheit herzustellen und

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29 Grundsatzprogrammentwurf

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

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Aufstiegschancen zu schaffen. Sie sind mehr als staatliche Daseinsvorsorge, sie sind ein Zu- sammenspiel von demokratischer Staatlichkeit und bürgerschaftlichem Zusammenleben.

  1. (188)  Es braucht bessere regionale Wirtschaftskreis- läufe. Sie sind nicht nur ökologischer, sondern können auch Regionen mit Strukturproblemen helfen. Die regionale Wirtschaftsförderungist so auszurichten, dass regionale Kreisläufe unterstützt werden, vor Ort eine gute Infra- struktur vorhanden ist und auch ländliche Regionen verlässlich vernetzt und an die Zen- tren angebunden sind. Dafür braucht es starke regionale Zentren als Ankerpunkte in den Re- gionen, die ein breites Angebot an öffentlichen und kulturellen Dienstleistungen vorhalten. Ein Beispiel sind die europäischen Metropolregio- nen. Bei der Ansiedelung von Bildungsinstitu- tionen, Landes- und Bundesbehörden sollen strukturschwache Gebiete besonders berück- sichtigt werden.
  2. (189)  Die europäischen Gesellschaften sind ge- prägt durch demographischen Wandel. Be- völkerungsverluste und -zuwächse sind sehr ungleich verteilt, vor allem zwischen Stadt und Land, und sie prägen unterschiedliche Identitäten und kulturelle Erfahrungen. Gleich- wertige Lebensverhältnisse herzustellen ist ein verfassungsrechtliches Handlungsziel und Kernaufgabe der Politik.
  3. (190)  Das gute Zusammenleben aller Generationen und Gerechtigkeit zwischen ihnen wird in einer alternden Gesellschaft zentraler. In ihr braucht es neue Formen des Zusammenlebens und eine altersgerechte Infrastruktur. Das wirkt Einsamkeit entgegen und stärkt den sozialen Zusammenhalt. Im Zentrum sollte nicht nur die Versorgung älterer Menschen stehen, sondern auch ihre Teilhabe am gesellschaftlichen und politischen Leben.
  4. (191)  Für viele Menschen ist die Familie das Fun- dament ihres Zusammenlebens und Glücks. Deswegen stehen Familien zu Recht unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes. Familie ist da, wo Menschen mit dem Ziel der Dauerhaftigkeit Verantwortung füreinander

übernehmen, sich umeinander kümmern und füreinander da sind. Familien verdienen Unter- stützung. Egal ob mit oder ohne Trauschein, ob alleinerziehend oder mit Partner*in, ob gleich- oder mehrgeschlechtlich, ob Patchwork oder in Mehr-Eltern-Konstellationen – alle Formen sollen rechtlich und sozial abgesichert sein.

(192) Viele Eltern wollen sich Sorge- und Erwerbs- arbeit gleichberechtigt aufteilen. Das wird möglich durch ein flächendeckendes, zeitlich flexibles und qualitativ hochwertiges Betreu- ungs- und Bildungsangebot, einen Wandel der Arbeitswelt sowie eine Reduzierung der Arbeitszeit.

(193) Kinder brauchen die Freiheit, sich zu bewegen, zu spielen und zu lernen, zu lachen und zu wei- nen, zur Freude und zur Wut. Sie haben eigene Rechte. Diese gehören in den Mittelpunkt von Politik und Gesellschaft und sind im Grundge- setz eigenständig zu garantieren. Kinder sind Expert*innen in eigener Sache und sollten bei den sie betreffenden Angelegenheiten be- teiligt werden. Ihr Interesse muss Leitlinie in der Ausstattung von öffentlichen Räumen und Institutionen sein.

(194) Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf besonderen Schutz und auf diskriminierungs- freie Förderung, die über bundesweite Quali- tätskriterien für Kitas, Schulen, Jugendämter und freie Träger zu garantieren sind. Kinder- rechte gehören in alle Curricula für Jura, Me- dizin, Erziehungswissenschaften und Polizei. Kinder müssen bei Entscheidungen gehört, ihre Rechte und ihr Wille im Mittelpunkt stehen. Überall, wo mit Kindern umgegangen wird, muss Basiswissen über Kinderrechte, insbe- sondere über Beteiligung, über den Schutz vor Kindeswohlgefährdung und vor sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche, zur Vo- raussetzung werden. In Kinderschutzverfahren muss die nötige Qualifikation bei allen Betei- ligten gesetzlich vorgegeben und tatsächlich gewährleistet sein.

(195) Guter, bezahlbarer Wohnraum für alle ist eine öffentliche Aufgabe. Wohnraum, Grund und Boden dürfen keine Spekulationsobjekte sein.

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30 Grundsatzprogrammentwurf

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

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Das Recht auf Wohnen soll im Grundgesetz verankert werden. Kein Mensch soll ohne Ob- dach sein oder darf bei der Wohnungssuche wegen des Namens, der Herkunft, der sexuel- len Identität oder einer Behinderung diskrimi- niert werden. Auch kleine Gewerbetreibende dürfen nicht durch steigende Mieten aus ihren Vierteln vertrieben werden. Es braucht ein starkes und soziales Mietrecht, eine gesetz- liche Begrenzung der Miethöhe und eine Mieter*innen-Mitbestimmung.

  1. (196)  Um das Recht auf Wohnen zu verwirklichen, ist ein hoher Bestand an öffentlichem und sozial gebundenem Wohnraum nötig. Dort, wo viele Menschen zuziehen, muss in großem Umfang gebaut werden. Dabei muss auf nachhaltiges Bauen und eine behutsame Nachverdichtung geachtet werden.
  2. (197)  Eine lebendige, durchmischte, offene und barrierefreie Stadt der kurzen Wege ist Leitbild: Dort leben Junge und Alte sowie Menschen verschiedener Herkunft gern in ihren Wohn- vierteln, haben es nicht weit zur Arbeit und zum nächsten Sportplatz. Der demographische Wandel bringt neue Formen des Zusammen- lebens. Ein ausreichender Bestand an barriere- freien Wohnungen und Möglichkeiten für ältere Menschen, ein aktives Leben zu führen, sind entscheidend.
  3. (198)  Sport verbindet. Alte und Junge, Menschen verschiedener Herkunft, mit verschiedenen Erfahrungen – auf dem Fußballplatz sind alle gleich. In Deutschland engagieren sich viele Millionen Menschen im Sport – in Vereinen und Organisationen – für Fairness, Teamgeist

 

 

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