Full House und viele Fragen – die alle im Laufe des Abends beantwortet wurden: Das war wirklich eine tolle WiFi-Sonder-Sitzung mit Udo Philipp, Co-Sprecher BAG-WiFi, Marcel Duda, Sprecher im Landesvorstand der Grünen Jugend Niedersachsen und den Hamburger Grünen Alten.
Udo gehört der grünen Rentenkommission an, die in sieben etwa vierstündigen Sitzungen ein grünes Papier zur Rente beschlossen haben (hier zum Nachlesen in der Langfassung und als kurzes Thesenpapier).
Udo betonte noch einmal, was Michael Kellner auch schon gesagt hatte, als er vor kurzem in Hamburg war, um die neue grüne Studie vorzustellen: Rente ist das wichtigste politische Problemfeld für unser Wählerpotential.
Wichtig also, dass wir ein richtig gutes Konzept anbieten können. Deutschland steht nämlich in Sachen Rente nicht besonders gut da: Wir haben prozentual gesehen die niedrigsten Geringverdiener-Renten im OECD-Vergleich (OECD=35 Mitgliedstaaten, die sich der Demokratie und Marktwirtschaft verpflichtet fühlen). Es ist das einzige Land, das Selbständige nicht absichert. So ist es nicht verwunderlich, dass ein Drittel aller Selbständigen im Alter auf Grundsicherung angewiesen sind. Ein beschönigender Begriff, wie Udo feststellte, der im Prinzip nichts anderes als Sozialhilfe bedeute. Wenn sich nichts ändert, wird Altersarmut deutlich zunehmen.
Die Grüne Jugend, die Grünen Alten und Udo, waren sich in der Rentenkommission grundsätzlich einig. Z.B. auch darin, dass die Riesterrente nicht funktioniert hat und dass man die Förderung lieber in die Rente stecken sollte.
Ein Bürgerfonds sollte freiwillige Alternative zum Riestern sein, mit geringeren Kosten, höherer Rendite und mehr Transparenz.
Frauen werden immer noch viel schlechter als Männer bezahlt (Gender Pay Gap) und übernehmen oft nach wie vor die Erziehungszeiten. Ihre Rente fällt deshalb dürftiger aus, sie sind eher von Altersarmut bedroht als Männer.
Eine gute Idee der Rentenkommission, finde ich, ist das Rentensplitting: Wie sonst bei einer Scheidung, werden auch in der Beziehung die Rentenansprüche zu gleichen Teilen aufgeteilt.
Ein Rückkehrrecht auf Vollzeit wäre auch ein wichtiger Ansatz, um den Rentenanspruch besonders von Frauen zu steigern, kam aus der Runde. Sehe ich auch so.
Die Kommission schlägt vor:
Bei mindestens 30 Beitragsjahren (Kindererziehung wird angerechnet, genauso wie Arbeitslosigkeit oder Minijob) soll es eine Garantierente von 900 Euro geben, ohne Bedürftigkeitsprüfung. Private und betriebliche Altersversorgung sollen die Rente nicht schmälern.
Mittelfristig soll die Rentenversicherung zu einer Bürgerversicherung inklusive Beamte, Kammerversicherte und Selbständige umgebaut werden – dafür gibt es bisher allerdings noch kein Konzept.
Ein Teil der Kommission wünscht sich, dass die Rentenbezüge steigen, wenn höhere Beiträge geleistet werden. „Da konnten wir uns leider nicht einigen“, sagt Udo, „Wir wollen aus der Garantierente eine echte Rente machen: Genau wie bei allen anderen Rentner*innen, sollten höhere Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung auch zu einer höheren Rente führen. Die meisten Menschen empfinden es als ungerecht, wenn es für die Rente keinen Unterschied macht, ob man wenige Jahre ein paar Stunden in der Woche gearbeitet hat oder 45 Jahre Vollzeit.“ (Mehr dazu hier.)
Da dieser Vorschlag nicht von allen mitgetragen wird, sind bisher beide Meinungen in das Rentenpapier aufgenommen worden.“
Einige Diskussionsteilnehmer waren enttäuscht von dem „lahmen“ Ergebnis der Kommission, hätten sich weitergehende Vorschläge gewünscht. Am 5.9. wird es ein neues Treffen geben, auf dem Änderungsvorschläge erarbeitet werden sollen. Die könnte man dann als Änderungsantrag auf der BDK in Münster vorstellen, wenn das Papier dort diskutiert wird.
Wir grünen Alten haben darauf hingewiesen, dass wir dringend einen flexiblen Renteneintritt brauchen, weil die Rente ein gesellschaftlicher Marker ist und das – in Deutschland negative – Altersbild sehr prägt. Altersteilzeit sollte fließend angeboten werden, nicht überwiegend als Blockmodell, wie im Moment. Viele Menschen würden gern länger arbeiten, unter Bedingungen, die nicht krank machen. Also mit weniger Stress und Druck und der Möglichkeit, auf Teilzeit umzusteigen.