Ein mutiger Schritt: der frühere Trigema-Chef Wolfgang Grupp hat offen über seinen Suizidversuch und seine Depression gesprochen. Und damit den Umgang mit Depression enttabuisiert und eine wichtige Debatte angestoßen.
„Und die brauchen wir dringend“, so Christa Möller-Metzger, Landesvorstand Grüne 60plus Hamburg, „denn Depressionen im Alter bleiben noch immer viel zu häufig unerkannt oder werden nicht ernst genug genommen.“ Besonders alarmierend: In einer Untersuchung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern zeigte sich, dass 60 % der Männer über 60 Jahre trotz ärztlich festgestellter Depression weder mit Antidepressiva behandelt noch psychotherapeutisch betreut wurden.
Das kann schwerwiegende Folgen haben. Denn das Suizidrisiko steigt im Alter deutlich an – vor allem bei Männern. Dennoch wird psychische Gesundheit bei älteren Menschen noch immer stiefmütterlich behandelt.
Dabei sollten natürlich auch nicht vorschnell Antidepressiva verordnet werden. Die Psychologin für Krisenintervention und stellv. Mitglied im Landesvorstand Grüne 60plus, Christine Baeyer, hat beobachtet, dass älteren Menschen zuweilen über Hausärzte zu schnell entsprechende Medikamente verordnet werden und auch Pflegeheime häufig diese Vorgehensweise begrüßen. „Da hapert es dann an der richtigen Diagnostik und der Kenntnis und Wahl der richtigen Mittel in der individuell richtigen Dosierung und der fachlichen Verlaufskontrolle“, so Baeyer.
Da muss also genau hingeschaut werden.
Und es gibt Hilfen: Ein speziell für ältere Menschen entwickelter Fragebogen erleichtert es, Depressionen zuverlässig zu erkennen. Für Pflegekräfte und pflegende Angehörige gibt es kostenfreie Schulungen der Stiftung Deutsche Depressionshilfe. Und: Die Behandlung – sei es mit Medikamenten oder Psychotherapie – wirkt im Alter genauso gut wie in jungen Jahren. Es gibt also keinen Grund, auf Hilfe zu verzichten.
Laut Robert Koch-Institut erkranken jährlich rund 6,1 % der 70- bis 79-Jährigen an einer Depression. Zwar sind das etwas weniger als in jüngeren Altersgruppen, doch auch leichtere Depressionen schränken Lebensqualität und Gesundheit spürbar ein. Betroffene erleben Krankheit und alltägliche Herausforderungen als besonders belastend – das kann im schlimmsten Fall zum Suizid führen.
„Psychische Gesundheit kennt kein Alter!“, so Möller-Metzger. „Wir brauchen mehr Aufmerksamkeit, bessere Diagnostik und vor allem niedrigschwellige Behandlungsangebote für ältere Menschen.“
Wer Hilfe braucht, kann die Telefonseelsorge anrufen unter 0800/1110111, 0800/1110222 oder 116123 oder per Mail und Chat unter online.telefonseelsorge.de
Hilfe auch in türkischer Sprache bietet das muslimische Seelsorge-Telefon MuTeS unter 030/443509821