Ein Gedicht von Wilhelm Knabe, 93, Grünen-Mitbegründer, Ehrenvorsitzender der Grünen Alten, MdB und Bürgermeister a.D., Umweltwissenschaftler, mit einem kleinen Vorwort von ihm:
„Liebe Freundinnen und Freunde,
ich glaube, wir brauchen in der Flüchtlingsfrage auch das Nachempfinden der Gefühle von Menschen in den Herkunftsländern. Mein Gedicht „Sehnsucht nach Frieden“ habe ich nach einem langen Gespräch mit dem Libanesen Jamil wie im Rausch in einer Nacht niedergeschrieben, denn danach drängten viele Erinnerungen im Bewusstsein ans Licht: an die Schrecken der Bombennacht vom 13. Februar 1945 in Dresden, an unsere Sehnsucht nach Frieden unterm Tieffliegerbeschuss auf dem Rückzug von der Oder und mehrere illegale Grenzüberschreitungen 1949 hin und her sowie 10 Jahre später das Ringen um die Entscheidung, ob ich mit der Familie die Sächsische Heimat in der DDR verlassen sollte. Ich habe versucht, das auszudrücken, was ich selbst erfahren und später von anderen aufgenommen habe. Liebe Grüße, Wilhelm“
Für Jamil
Sehnsucht nach Frieden
Nun warte ich schon so lange Zeit,
Dass Frieden ist endlich weit und breit
Und nicht nur in meinem Garten.
Ich habe das Schießen und Töten so satt,
So hoff‘ ich, dass beide Seiten bald matt.
Ich kann es nicht mehr erwarten.
In meiner Heimat steht kaum noch ein Haus
So, wie es die Eltern und Ahnen erbaut,
Ich sehe nur Steine und Trümmer.
Die Bäume sind tot, die Vögel gefloh‘n
Es wurde nur immer schlimmer.
Ich träume von einem friedlichen Land
Wie einst als Kind ich es habe gekannt;
Stattdessen fliegen die Bomber.
Oft hör‘ ich ganz leise und sorgsam verdeckt:
Es gibt solch ein Land, doch vor uns versteckt,
Wir müssen’s nur suchen und finden.
Wenn wir es endlich gefunden haben,
Steh’n wir vor einem tiefen Graben
Dahinter so hohe Mauern,
Wie lange soll das noch dauern?
Doch die Hoffnung lebt,
Meine Hoffnung trägt
Mich über die bitteren Tage.
Wann es geschieht, wann sich’s ergibt,
Ist nicht die entscheidende Frage.
Wilhelm Knabe
22.09.2016