#7. Altenbericht: Gutes Leben im Alter

Sprecherin der Grünen Alten Antonia Schwarz

Antonia Schwarz, Sprecherin der Bundesgrünen Alten, war in Berlin bei der Vorstellung des 7. Altenberichts und berichtet hier:

„Gutes Leben im Alter

Der aktuelle Altenbericht der Bundesregierung[1] konzentriert sich auf das sogenannte „problematische Alter“. Gemeint sind Phasen des Alters, die mit größerem Hilfe- und Pflegebedarf einhergehen. Ein Blick in die aktuelle Pflegestatistik verdeutlicht, worum es dabei geht. Während bei den jüngeren Alten zwischen 70 bis 75 Jahren die Pflegebedürftigkeit mit 7,5 % noch sehr niedrig ist, steigt sie jenseits des 80. Lebensjahres erheblich an: Auf 21 % zwischen 80 bis 85 Jahren, fast 40 % im Alter zwischen 85 bis 90 Jahren und 66 % bei den über 90-Jährigen. Auffallend ist, dass Frauen ab dem achtzigsten Lebensjahr eine deutlich höhere Pflegequote aufwiesen als gleichalte Männer: Sie sind zwischen 85 bis unter 90 Jahren zu 44 % und mit über 90 Jahren zu fast 70 % pflegebedürftig, bei den Männern gleichen Alters beträgt die Quote hingegen „nur“ 31 % bzw. 53,5 %. Eine Erklärung wäre, dass pflegebedürftige Männer häufig zuerst von ihren Frauen, Töchtern und anderen Angehörigen versorgt werden, und auf eine Beantragung von Leistungen zunächst verzichtet wird. Hochaltrige Frauen leben außerdem häufiger als Männer alleine. Nach wie vor werden zwei Drittel aller Pflegebedürftigen zu Hause versorgt und dabei zu mehr als 46 % ausschließlich durch Angehörige.[2]

Mittendrin – auch bei Hilfe- und Pflegebedarf

Unsere Lebensqualität im Alter hängt im hohen Maße davon ab, wie eingebunden wir in die Gesellschaft sind. Für jeden Menschen ist das Gefühl wichtig, gebraucht zu werden und sich als Teil einer Gemeinschaft zu fühlen. Sich zu engagieren und teil zu haben, sind wirksame Impulse, um fit zu bleiben. Gerade im Alter gilt verstärkt „Wer rastet, der rostet.“

Viele ältere Menschen sind nicht mehr so mobil wie früher. Deshalb ist die Wohnsituation besonders wichtig, da viel Zeit in den eigenen vier Wänden verbracht wird. Der Wohnraum muss bezahlbar sein und die Ausstattung und Gestaltung der Wohnung dürfen auch im hohen Alter nicht zur Barrierefalle werden.

Die Verwurzelung im Kiez, in der Gemeinde – darauf kommt es an

Nachbarschaftliche Hilfenetze und gemeinsame Aktivitäten tragen zur Einbeziehung älterer Menschen in das gesellschaftliche Leben bei; sie beugen der Vereinsamung und den damit verbundenen gesundheitlichen Belastungen vor. Zu einer bedarfsgerechten wohnortnahen Versorgung gehört die Erreichbarkeit von Arztpraxen, Apotheken, Geldinstituten, Post und Geschäften. In vielen Regionen wurden und werden aber solche wohnortnahen Dienstleistungen verstärkt abgebaut. Für die ältere Bevölkerung führt dies zu einer Einschränkung der eigenen Handlungsmöglichkeiten und zu vermehrter Abhängigkeit. Angehörige, Freunde, Nachbarn und andere Bezugspersonen müssen einspringen und Serviceleistungen für die Betroffenen übernehmen. Sinnvoller wäre es zum Beispiel, wenn der Wegfall von Diensten durch mobile Angebote ersetzt und nicht komplett entfallen würde.

Bei der Planung und Gestaltung des Wohnumfeldes sind die höheren Sicherheitsbedürfnisse und die körperlichen und sensitiven Einschränkungen älterer Menschen zu berücksichtigen. Vielen fällt es schwerer, sich im Verkehr zu bewegen. Nicht abgesenkte Bordsteine und hohe Stufen bei öffentlichen Verkehrsmitteln können so leicht zu Unfallquellen werden.

Prof. Dr. Andreas Kruse, Mitglied der Altenberichtskommission

Die Kommunen sind gefragt

Die kommunale Politik für ältere Menschen muss darauf ausgerichtet sein, ein eigenständiges, selbstbestimmtes und erfülltes Leben auch im höheren Alter zu ermöglichen sowie soziale Teilhabe zu fördern und zu sichern. Bewährt hat sich, wenn Bürgermeister*innen und Kommunalpolitiker*innen diese Aufgaben in partnerschaftlicher Kooperation mit Wohnungsunternehmen, Dienstleistern und Einzelhändlern, Handwerksunternehmern, Wohlfahrtsverbänden, Kirchengemeinden, Seniorenorganisationen und Ehrenamtlichen gemeinsam angehen.

Kommunen können ihren Aufgaben nur gerecht werden, wenn sie bei der Umsetzung finanziell unterstützt werden. Schon aufgrund der unterschiedlichen Wirtschaftskraft und der unterschiedlichen Rahmenbedingungen vor Ort wird es darauf ankommen, dass wirtschaftlich schwächere Gemeinden durch den Bund und die jeweilige Landesregierung unterstützt werden. Damit dies nicht abhängig von der Haushaltslage und politisch wechselnden Konstellationen bleibt, wären gesetzliche Regelungen erforderlich, die eine dauerhafte Finanzierung und damit Planungssicherheit vor Ort ermöglichen.[3] Von einer Stärkung der Kommunen profitieren vor allem ältere Menschen mit geringem Alterseinkommen, die sich die Leistungen am Markt nicht kaufen können.

Die Angebote müssen vielfältiger werden

Die Anforderungen an Pflege und Unterstützung werden steigen, da die Zielgruppen vielschichtiger werden. Menschen mit einer Demenz, mit unterschiedlichen kulturellen und religiösen Hintergründen, mit verschiedenen sexuellen Identitäten – all diese Konstellationen und Bedürfnisse müssen auch im Alter berücksichtigt werden.

Alte Menschen wollen selbst entscheiden, wie und mit wem sie leben und wie sie gepflegt werden wollen. Ambulante Pflegeangebote, zukunftsweisende Wohnformen und solidarische Nachbarschaften entsprechen zeitgemäßer Pflege. All diese Initiativen werden wir unterstützen.

Pflegeheime in die Quartiere öffnen und Mitsprache vergrößern

Bei den bestehenden Pflegeheimen setzen wir uns für eine Öffnung dieser Einrichtungen in das Quartier ein. Das gelingt am ehesten, wenn dort auch attraktive Angebote für die Bevölkerung gemacht werden, wie z. B. ein Café oder ein kostengünstiges Mittagessen, Kulturveranstaltungen, Treffpunkte und Sportangebote etc. Die Bewohnerinnen und Bewohner und deren Interessensvertretung – die Heimbeiräte – müssen ein größeres Mitspracherecht bei der Gestaltung des Alltags und bei Veränderungen des Angebots erhalten.”

Alle Vorträge zu den Themen „Sorge und Mitverantwortung in der Kommune – Aufbau und Sicherung zukunftsfähiger Gemeinschaften“ und eine zusammenfassende Broschüre gibt es hier zum Runterladen.


[1] Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2016): Siebter Altenbericht. Sorge und Mitverantwortung in der Kommune – Aufbau und Sicherung zukunftsfähiger Gemeinschaften.

[2] Statistisches Bundesamt (2017): Pflegestatistik 2015. Pflege im Rahmen der Pflegeversicherung.

[3] Das sogenannte Kooperationsverbot lässt eine Förderung der Kommunen durch den Bund eigentlich nicht zu. Die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme dazu aber ausgeführt: „ Die Bundesregierung hat für die Unterstützung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet im Mai 2015 Eckpunkte für ein gesamtdeutsches Fördersystem für strukturschwache Regionen ab dem Jahr 2020 beschlossen.“ Dazu würden auch Gespräche mit den Ländern laufen. (Stellungnahme im 7. Altenbericht. S. VI)

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