
Anna Gallina, Landesvorstand Hamburg und Ann-Kathrin Tranziska, Landesvorstand Schleswig-Holstein, übernahmen die Begrüßung
Der LaVo hatte zu den Sondierungsergebnissen eingeladen – nun wurde ein Treffen daraus, um über das abrupte Ende zu reden. Das Interesse der Grünen war groß, aus erster Hand zu erfahren, was in Berlin passiert war. Die Schlange vor der Markthalle war lang, die Kontrollen umfassend. Eine Frau wurde nicht reingelassen, Türsteher Christian hatte sie als Randaliererin bezeichnet. Taschen, Rucksäcke und Kleidung mussten abgegeben werden, aus Brandschutzgründen hieß es.
Robert Habeck, der eigentlich kommen wollte, hatte zwar abgesagt, aber dafür war Reinhard Bütikofer dabei, der zum 14-köpfigen Sondierungsteam gezählt hatte. Unterstützt wurde er von Anja Hajduk, Mitglied der kleinen Sondierungsgruppe Haushalt, Finanzen, Steuern. Die Begrüßung übernahmen Anna Gallina und Ann-Kathrin Tranziska, die jeweiligen LaVo-Vorsitzenden aus Hamburg und Schleswig-Holstein, da es eine gemeinsame Veranstaltung beider Landesverbände war.
Aus Schleswig-Holstein war übrigens zu hören, dass die Stimmung dort weiterhin gut sei, weil es dort eben das Vertrauen gäbe, das in der Sondierungskommission offenbar gefehlt habe.

Reinhard Bütikofer, Mitglied der Sondierungskommission, bedauerte den Abbruch der Verhandlungen sehr
Bütikofer machte erstmal klar, dass zur Zeit viele Länder auf uns schauten. Und besonders unsere direkten Nachbarn darauf warteten, dass Deutschland endlich regierungsfähig sei und Antworten auf die vielen drängenden Fragen geben könnte. Eine gute Regierung hätte deshalb zur Zeit eine historische Bedeutung, nicht nur innerhalb Deutschlands.
Das Problem nach der Wahl: der Status Quo der großen Parteien war geschwächt – und von den kleineren habe keine einen so deutlichen Stimmengewinn gehabt, dass sich daraus eine Richtung vorgezeichnet habe. Deshalb habe es keine große Linie, keine Idee von Jamaika gegeben. Aber Reinhard Bütikofer war überzeugt, dass bei den harten Verhandlungen eine Menge erreicht worden war.
Es habe eine gute Bildungsverabredung gegeben, 10% des Bruttoinlandsproduktes sollte investiert werden. Es sollte eine Bafög-Reform geben und eine Strukturreform der Studienförderung. Man wollte gegen Kinderarmut vorgehen, mehr für die Pflege und die Pflegeberufe tun. Robert Habeck habe in der Landwirtschaft viel rausgeschlagen, im Bereich Wohnen gab es gute Verabredungen. Kohle sollte auf 7 Gigawatt reduziert werden. Naturschutzverbänden war das zwar längst nicht genug, aber sie sagten gleichzeitig, dass das Ergebnis viel zu gut sei, als das man hätte nein sagen sollen. Auch wenn das 1,5 Grad-Ziel der Erderwärmung damit nicht erreicht werden könnte.

Viel Politprominenz von 2. Bürgermeisterin Katharina Fegebank bis zu den grünen Senatoren waren gekommen – und auch der Kreisvorsitzende aus Stormarn war dabei
Reinhard war überrascht, dass es bei sozialen Themen immer wieder Übereinstimmungen mit der CSU gegeben habe. Beim Thema Flüchtlinge hatte man sich mit blumigen Begriffen auf eine Regelung festlegen können.
Man hätte sich auf viele gute Punkte geeinigt: „Wir hätten zwar kein Rüstungsexportgesetz bekommen. Aber es wurde festgelegt, dass keine Waffen in Länder exportiert würden, die Krieg im Jemen führen. Und es gab eine Zusage, dass der Bundessicherheitsrat einstimmig beschließen muss.“ Auch bei der digitalen Entwicklung wollte man den flächendeckenden Breitbandausbau ansteuern und Datensouveränität.
Die FDP habe unbedingt den Investorenschutz bei CETA umsetzen wollen, gegen den die Grünen so lange gekämpft hatten. Der Kompromiss: Das Gesetz bleibt weiter wie bisher in Kraft – damit sei alles offen und der Investorenschutz könne zur Zeit nicht umgesetzt werden. Erschreckt hatte Reinhard, dass in seinen Augen eigentlich keiner der anderen wirklich europäisch denke. Vor allem die FDP nicht (mehr). Die neue FDP sei die am weitesten rechts stehende FDP, die es jemals in Deutschland gegeben habe, sie sei eine national-liberale Partei geworden. Trotzdem kam die Absage der FDP an Koalitionsverhandlungen völlig überraschend. Seehofer habe allen aus dem Herzen gesprochen, als er sagte, die FDP sei geflüchtet, als man fast alles unter Dach und Fach hatte.
Zum Schluss bat Büti (wie Katharina Fegebank ihn nannte, als sie sich bei ihm für die tolle Arbeit der Sondierungskommission bedankte) alle Anwesenden, die Geschichte von Jamaika weiterzuerzählen. Und er glaubt, dass alles auf Neuwahlen hinauslaufe. Und diesmal müssten wir es wirklich schaffen, die drittstärkste Kraft im Land zu werden. „Wir haben unser Profil geschärft, vielleicht kann das helfen!“
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