Seit einigen Jahren ist Münster in Nordrhein-Westfalen in vielen Punkten eine vorbildliche Stadt geworden. Sie gilt als wohlhabende Studenten- und Beamtenstadt. Und ein Gang durch Münster bestätigt dieses Image. Kaum Hochhaussiedlungen, viele Einfamilienhaus-Wohnviertel mit Gärten und Parks prägen das Bild.
Lange war Münster die Nr. 1 beim Thema Fahrradfreundlichkeit und wurde erst vor kurzem von Karlsruhe abgelöst. Auch das Thema Quartiersbelebung und sozialer Zusammenhalt ist hier ganz vorne auf der Agenda. Das „Gesunde Städte Netzwerk“ weist Münster seit langen Jahren als Mitglied aus.
Die Seniorenarbeit wurde seit neu justiert. Es geht nicht mehr nur um Unterhaltung und Altenpflege, sondern vor allem um den Dialog zwischen den Generationen. Dafür finden sich zahlreiche beeindruckende Beispiele. http://www.muenster.org/hansahof/
Der Verein „Anti-Rost“ schickt ältere Expert*innen mit Fachkenntnissen zur Beratung und Reparatur in die Haushalte, wo sie für kleines Geld im Alltag helfen. https://www.antirost-muenster.de/
Das Programm „Wohnen für Hilfe“ ist seit 15 Jahren damit erfolgreich, Senior*innen und Student*innen zusammen zu bringen, damit zu große Wohnungen und der Bedarf der Jüngeren miteinander abgestimmt werden. Gegen 10 Stunden im Monat ziehen die Jüngeren als Mitbewohner*in in die leeren Zimmer, geben den Älteren auf diese Weise die Erfahrung von Kontakt und Bedeutung, auch wenn deren eigene Kinder ausgezogen sind. http://www.muenster.org/wohnen-fuer-hilfe/wordpress/
Der Verein „Von Mensch zu Mensch“ bringt ehrenamtliche Hilfe in die Quartiere. Die Beratungsstelle „Lebenstraum“ hat das Peer Counseling ausgebaut, bei dem Betroffene andere Betroffene bei dem Wunsch nach Antworten, Aktivierung und Alltagsbewältigung begleiten – ein guter Weg, die Professionalisierung durch Selbsthilfe zu ergänzen.
https://www.lebenstraum-teilhabeberatung.de/eutb/
Nun hat sich Münster entschlossen, auch dem Netzwerk Age friendly Cities and Communities der WHO beizutreten. Der Antrag wurde gestellt, im nächsten Jahr hofft man auf das attraktive Label aus Kopenhagen, wo die Koordination für Europa von Manfred Huber verantwortet wird. Erst eine, allerdings wesentlich kleinere Stadt, Radevormwald, ist in Deutschland auf diese Weise zertifiziert.
Geht man durch Münster mit seinen rund 320.000 Einwohner*innen finden sich viele Elemente, die zeigen, dass man hier schon jetzt auf Ältere achtet. Vor allem die breite Promenade rund um die Altstadt ist beeindruckend. Radfahrer*innen und Fußgänger*innen können hier bequem koexistieren.
Kein Stress, freundliches Ausweichen, lebendige Aktivität – ein gutes Miteinander gibt den Eindruck einer menschenfreundlichen Großstadt.
Was in Münster negativ auffällt, sicher aber nicht nur hier ein Problem ist: Die Papierkörbe im Stadtgebiet quellen über, vor allem nach dem Wochenende. Es fehlen Entsorgungsbehälter, die dem Nutzungsbedürfnis oder dem Schichtplan der Mitarbeiter*innen in der Stadtreinigung gerecht werden.
Auch schwierig ist es, öffentliche Toiletten zu finden. Am Domplatz kann man besichtigen, welche technischen Lösungen denkbar sind für dieses menschliche Bedürfnis, vor allem im Alter.
Das Problem ist der Münsteraner Verwaltung bekannt – die „Nette Toilette“ soll kommen, wie sie auch in Bern eingeführt wurde. Restaurants zeigen dann mit einem Aufkleber an der Eingangstür, dass sie die kostenlose Nutzung ihrer sanitären Anlagen möglich machen. Für die Reinigung zahlt die Stadt dann einen Teil der Kosten. In Corona-Zeiten muss die Umsetzung dieser Reform allerdings noch warten.
Was den Ortsfremden in Münster ebenfalls negativ auffällt ist der allgemeine Mangel an Sitzgelegenheiten im öffentlichen Raum. Selbst an großen Plätzen wie vor den Gerichten, in Wohngebieten oder auf dem Domplatz gibt es schlechte oder gar keine Möglichkeiten, sich auszuruhen. „Verweilmöglichkeiten“ – das ist der bürokratische Ausdruck für einladende Bänke in den Straßen – aber angeboten werden diese Orte selten.
Er verweist auf den Masterplan Mobilität, der in Arbeit ist und nach dem Wahlerfolg der Partei nun auch energisch voran getrieben werden soll. Er hofft auf Erfahrungsaustausch mit anderen Städten, die ebenfalls gastlicher und fürsorglicher mit den Ruhewünschen vor allem der Älteren umgehen wollen. Der Antrag auf Mitgliedschaft im Netzwerk der WHO soll ein Element sein, daran etwas zu verbessern, sagt er.
Ob dieser Wunsch nach Beratung bedient wird, muss sich zeigen. Der konkrete Nutzen der Mitgliedschaft ist nicht ganz klar. Bern und Radevormwald können sich zwar mit dem Label schmücken, aber der Kontakt zur europäischen Zentrale nach Kopenhagen ist eher dünn, berichten die Verantwortlichen dort.
Text und Fotos: Gabriele Heise
Danke für die positive Berichterstattung über Münster, schön das wir Münster mal aus Hamburger Sicht sehen können. Besonders freut mich, dass auch der Verein Anti-Rost Münster erwähnt wird, wir werden das Thema: Age friendly City mal in unserem Verein diskutieren, eine Altengerechte Quartiersentwicklung ist In Münster schon auf einem guten Weg.
Interessant ist vielleicht noch das neue Nahverkehrskonzept „Loop“- ein Bus on Demand System mit „London Taxis“, welches für drei Jahre in Münsters Süden getestet wird.
Viel Grüße nach Hamburg, Hermann Holzapfel (Vorsitzender, Anti-Rost Münster)