Bürgerschaft und Volkes Stimme

So lautete das Motto der Podiumsdiskussion in der Körberstiftung. Kalle war dabei und erzählt:

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Es diskutierten der CDU-Fraktionsvorsitzende André Trepoll, Manfred Brandt von Mehr Demokratie e.V. und der Politikwissenschaftler Florian Grotz. Moderation: Peter Ulrich Meyer vom Hamburger Abendblatt. Foto: Körber-Stiftung

Eine keineswegs unspektakuläre Thematik haben doch zwei Volksabstimmungen zur Schulreform bzw. Olympia die politische Absicht der jeweiligen Landesregierungen in Hamburg deutlich scheitern lassen. Über die Landesgrenzen Hamburgs hinweg hieße das: Parlament und Volkes Stimme.

 

Damit ist die immer währende Frage nach Ausmaß bzw. Möglichkeit demokratischer Entscheidungen bei Wahlen zum Parlament und denen unmittelbarer Volksbegehren gestellt. Verbunden damit werden oft Stichworte wie Politikverdrossenheit (die ‚größte‘ Partei ist die der Nichtwähler), Fraktionszwang oder politisches Machtstreben einzelner Politiker. Schon rein quantitativ ist das Gefühl, die Ansicht großer Teile der Wahlbevölkerung bliebe bei politischen Entscheidungen des Staates zunehmend auf der Strecke, von eigenartiger Mischung zwischen Vehemenz und Resignation.

 

Zwei Aspekte, die teilweise auf die vielen Beiträge aus dem Publikum zurückgehen, sollen dabei erwähnt werden:

 

Der eine Gedankengang geht von der geheimen Wahlentscheidung jedes Wahlberechtigten aus; – egal ob sie Personen wie bei der Parlamentswahl wählen oder Sachentscheidungen treffen. Würden nicht manche Probleme bei Parlamentsentscheidungen durch die Abgeordneten ‚entschärft‘ werden, wenn sie bei jeder Stimmabgabe, die dann ja über Sachen befindet, ebenfalls dem Wahlgeheimnis unterliegen? Das wäre doch recht konsequent und entspräche der lediglich vorübergehenden, nämlich an die Legislaturperiode gebundene, Vertretung des wahlberechtigten Volkes durch die Volksvertreter. Allerdings müssten die zur Abstimmung durch die Abgeordneten gestellten Entscheidungen in Auswirkungen und Nebenwirkungen hinreichend plausibel sein. Das könnte es manchen Abgeordneten erleichtern, gemäß seinem Wissen und Gewissen abzustimmen, ohne dass der Fraktionszwang ihn dahin bewegen müsste. Eine offene Frage wäre auf jeden Fall die technische Umsetzung dieser Überlegung.

 

Der andere Gedankengang ergibt sich wie etliche (zumindest indirekt) Beiträge aufzeigten aus der Vorstellung von einer ‚Volkes Stimme‘. Um mit einem verstorbenen Kabarettisten zu formulieren: „ … die wählen doch alle?!“ Damit wird auf die ‚innere‘ Verfasstheit der Wahlberechtigten und die Bedeutung des politischen Willens und dessen Bildung verwiesen. Ob dieser ‚Bildung‘ und der Verantwortung eines jeden dafür auch nur annähernd durch Wahlplakate entsprochen wird, darf nachhaltig bezweifelt werden. Aber wie soll demokratische Willensbildung zu befriedigenden Ergebnissen für viele Teile des Volkes gelangen, ohne auf einer dazu passenden politischen Willensbildung aufbauen zu können?

 

Insgesamt lässt sich über diese Podiumsdiskussion sagen: sie war gut und von reichhaltiger Beteiligung des Publikums geprägt. Sie muss allerdings oft (nicht nur im Körber Forum) fortgeführt werden. Dabei wäre stringent und verständlich herauszuarbeiten, „wo uns der Schuh noch immer drückt“ (um mit Willy Brandt zu sprechen, wie seine wöchentliche Sendung im RIAS hieß, als er noch Regierender Bürgermeister von Berlin war).